Das Spiel mit der Angst
Ich kann nicht anders als doch nochmal auf die Angst und das Spiel mit dieser einzugehen. Wenn man sich überlegt, dass man – aus dem Nichts – also völlig unvorbereitet mit einer eventuell tödlich verlaufenden Krankheit konfrontiert wird, ist Angst erstmal naheliegend.
Wir alle kennen Angst: Angst, zu versagen, etwas falsch zu machen, nicht geliebt zu werden, nicht genug zu sein, alleine zu bleiben, nicht dazuzugehören, Existenzangst, finanzielle Ängste, Verlustangst, Angst vor Spinnen (Schlangen, Wespen,…), Höhenangst, Angst vorm Fliegen, Angst vor Dunkelheit, …und last but not least – die Todesangst.
Es ist schon unglaublich, wie diese Angst genutzt wird, um Menschen dazu zu bringen, bestimmte Therapien zu akzeptieren. Mein Einverständnis zu geben, dass mir regelmäßig hochdosiertes „Gift“ verabreicht wird, welches unter anderem mein Immunsystem komplett herunterfährt und jede noch so kleine Erkältung zu einer Lebensgefahr machen kann; eine Substanz, welche im schlimmsten Fall selbst Krebs verursacht, ist in meinen Augen absurd. Ich denke, jeder, der das unterschreibt, tut dies aus Todesangst. Garantien gibt es natürlich keine. Keiner sagte zu mir: „Wenn Sie jetzt eine Chemotherapie machen, erkranken Sie nie wieder an Brustkrebs oder einem anderen Krebs.“ Allerdings sagte man zu mir: „Wenn Sie die Chemotherapie nicht machen und in fünf Jahren von einem Arzt gesagt bekommen, dass der Krebs wiedergekommen ist, ist er unheilbar. Können Sie dann mit Ihrer in 2022 getroffenen Entscheidung leben?“ Kann ich das? Wenn es soweit kommen sollte, werde ich es müssen. Und ich werde es dann auch können.
Ich möchte hier auf keinen Fall Menschen verurteilen, die sich einer Chemotherapie unterziehen – vielleicht hilft sie tatsächlich, Leben zu verlängern. Ich hätte mir für mich gewünscht, dass mir dieses Spiel mit der Angst erspart geblieben wäre und man mir Alternativen genannt hätte, wie Heilung geschehen kann, ganzheitlich! Ich wünsche mir, dass aus Krankenhäusern Gesundheitshäuser oder Heilungsorte werden und Menschen von Ärzt*innen, Heilpraktiker*innen, Homöopath*innen, Masseur*innen, Therapeut*innen, Schaman*innen, Energiearbeiter*innen, ….gemeinsam betreut werden. Ich wünsche mir, die Wahl zu haben.
Bei mir kam nach der Diagnose eine Angst hinzu, nämlich die Angst, es könnte zu spät sein. Zu spät für meine Träume und Visionen. Zu spät, mir einen Hund anzuschaffen. Zu spät für unsere Traumwohnung in der Natur. Zu spät, Neues auszuprobieren, zu Reisen, mich einzulassen, mich dem Leben hinzugeben, spontan zu sein. Letztendlich zu spät, meiner Bestimmung zu folgen, also unwiderruflich in diesem Leben versagt zu haben.
SAM hat mir gezeigt, dass jeder Tag ein Geschenk ist. Und tatsächlich gebe ich mich dem Leben mehr hin, bin neugieriger, mutiger und lasse mich auf Neues ein. Ich spüre, da will etwas gelebt werden. Ich bin bereit zu Leben und auch bereit zu Sterben.
Vor ein paar Wochen ist meine Mama gestorben und ich hatte das große Glück, an ihrer Seite zu sein und sie zu begleiten. Bei all der Trauer und dem Schmerz war da auch etwas Magisches. Es war nicht nur ein Ende, es war gleichzeitig für Mama auch ein Anfang in einer anderen „Welt“. Jeder Tod ist eine Geburt so wie jede Geburt auch ein Tod ist, in beiden Fällen wechselt die Seele den Ort. Es ist ein Kreis, unendlich. Ich hoffe, dass durch diese Erfahrungen und den neuen Blick auf den Tod meine Angst vor ihm kleiner werden kann, sich im besten Falle wandelt.
Wie ging es mit meiner Behandlung weiter?
Ich habe mittlerweile die Bestrahlungen hinter mir. Mehrere Wochen ging ich täglich – außer an den Wochenenden – in die Radiologie für meine Strahlendosis. Die Bestrahlung war eine lokale Prophylaxe, falls der Krebs eine Zelle (oder mehrere) in der Brust verteilt hätte. Auch hier können die Nebenwirkungen drastisch sein, trotzdem entschloss ich mich in Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dafür. Das Wort Bestrahlung klang mir zu hart, ich habe es für mich in Lichtarbeit umbenannt und mir auf dem Behandlungstisch immer vorgestellt, wie goldenes Sonnenlicht meine Brust flutet und heilt. Ich bin den Menschen, die dort arbeiten, zutiefst dankbar. Liebevoll, achtsam und mitfühlend begleiteten sie mich durch diese Zeit. Ich habe die Behandlung insgesamt gut vertragen. Da waren Tage, an denen ich energielos auf der Couch versumpft bin aber im Großen und Ganzen lief es unspektakulär ab. Ich erdete mich durch tägliches Yoga und viele Waldspaziergänge. Ich aß gutes Essen, schaute schöne Filme, las nährende Bücher und traf mich mit Menschen, die mich lieben.
Kaum war die Lichtarbeit beendet, begann der nächste Schritt. Seit 3 Wochen nehme ich ein Medikament zwecks Antihormontherapie ein. Ich habe verstanden, dass mein Krebs auf der körperlichen Ebene hormonbedingt gewachsen ist. Das Medikament soll verhindern, dass dies erneut geschieht und ich soll es die nächsten 5 Jahre nehmen. Ich habe festgestellt, dass ich nicht wirklich weiß, was in meinem Körper in den Wechseljahren geschieht, bzw. geschehen ist und ob ich hätte verhindern können, dass meine Hormone „verrückt“ spielen. Also habe ich mir ein Buch gekauft: „Woman on fire“ von Dr. med. Sheila de Liz. Sie beschreibt in diesem Buch mit Worten, die ich verstehen kann, was in meinem Körper passiert. Ich bin sehr gespannt – bin noch beim Lesen – und verstehe nach und nach, wie der Frauenkörper arbeitet. Es ist ja nie zu spät, um dazuzulernen. Vielleicht gibt es ja auch eine Alternative zu diesem Medikament, die Risiken und Nebenwirkungen sind auch hier enorm.
Seit letzter Woche arbeite ich wieder, nach einer Pause von 4,5 Monaten. Meine Gefühle waren und sind noch sehr gemischt. Auf der einen Seite freue ich mich, gesund zu sein und die Arbeit macht auch wieder Freude. Auf der anderen Seite steht da dieses Hamsterrad, in welches ich nicht mehr einsteigen möchte. Ich bin nicht mehr die Gleiche und wünsche mir Leichtigkeit, Freude und ein Miteinander auf Augenhöhe. Ich bin gespannt, ob ich dort einen neuen Weg für mich finde oder ob ich andere Wege gehen darf.
Gleichzeitig bin ich aktiv im Coachingbereich. Ich begleite fünf Monate als Assistentin die Ausbildung zum Transformationscoach nach Robert Betz. Der erste Block ist schon vorbei und ich kann gar nicht mit Worten ausdrücken, welch große Freude mir diese Arbeit macht.
Außerdem bereite ich mit zwei wundervollen Frauen, die meine Seelenschwestern sind, ein Frauenseminar vor. Es wird an einem Wochenende im September stattfinden. Wir nennen es „Weiberkram“ und unser Ziel ist es, gemeinsam die urweibliche Kraft wieder in uns zu erwecken. Wir freuen uns jetzt schon riesig darauf. Wer neugierig ist und Lust hat mitzumachen, darf sich gerne melden.
Danke SAM, fürs Aufwecken! Danke Gott, für das Leben!
Ich danke euch, dass ich meine Geschichte mit euch teilen durfte!